Aber genau das was Du schreibst ist doch der Inhalt meines Vergleiches: die Deutsche Einigung von 1872 und die euopäische Einigung sind beides Prozesse, die von geänderten Rahmenbedinungen getrieben wurden, und nicht vom Krieg. Du hast genau recht: Die Überwindung der Kleinstaaterei, deren Rückgängigmachung wir interessanterweise in einem anderen Thread gerade diskutieren, ist die Folge von Wirtschaftlichen Prozessen und Technologien, die einen größeren Rahmen notwendig machten. Handel, Eisenbahn, Rohstoffe, das alles war mit Kleinstaaten nicht mehr effizient zu gestalten. Ebenso in Europa: eine komplexe industrielle Gesellschaft braucht einheitliche Normen. Diese Funktion hat die EU in aller erster Linie: Harmonisierung.
Klar war eine der Triebfedern die Angst vor dem Krieg. Die Politiker bis Kohl haben in "Europa" immer auch ein Projekt gegen den Krieg gesehen und die wirtschaftliche Vereinigung auch unter dem Aspekt betrieben, die Staaten voneinander abhängig zu machen, so dass keiner mehr ohne den anderen leben kann. Aber auch ohne einen Weltkrieg hätte es eine Europäische Einigung gegeben, einfach weil die industriellen Prozesse eine solche erfordern.
Das wird auch weitergehen, es wird globale Norminstanzen geben, mit der WTO und dem internationalen Strafgerichtshof sind ja schon zwei wichtige Institutionen geschaffen worden. Ebenso wird es eines Tages eine internationale Umweltbehörde oder vielleicht auch eine internationale Sozialbehörde geben, die in die souveränen Rechte der Mitgliedstaaten eingreift — einfach weil der globale Informationsfluss die Notwendigkeit ergibt. Der Krieg ist dafür nicht erforderlich. Er ist, und das ist ja meine These, nicht der Vater aller Dinge. Vater nicht und aller schon gar nicht.
Gruß,
excelchen